Spezielle medikamentöse Therapie

Nach Ausschöpfung der allgemeinen Maßnahmen und prinzipiell erst nach der so genannten Basis-Labordiagnostik zum Ausschluss anderer Ursachen für eine verminderte Knochendichte stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die den Knochenstoffwechsel beeinflussen.

Dazu sollte man Folgendes wissen: Knochen besteht nicht aus toter Substanz, innerhalb von ca 3 -5 Jahren erfolgt ein kompletter Umbau des Skeletts, um langfristig die Stabilität und Elastizität zu sichern. Es gibt unterschiedliche Zellsysteme, die je nach Anforderung unterschiedlicher Belastung entweder für den Knochenabbau oder den -aufbau zuständig sind. Daher kann eine Verminderung der Knochenmasse entweder durch einen zu starken Abbau („high turnover“, „fast looser“) oder durch einen zu langsamen Aufbau („low turnover“) verursacht werden. Zusätzlich finden auf der zellulären Ebene Wechsel zwischen diesen Zuständen statt.

In Kenntnis dieser Mechanismen lassen sich Osteoporosemedikamente grob in zwei Gruppen einteilen:

ANTIRESORPTIVE SUBSTANZEN

Hemmen den Knochenabbau

Calcitonin
(heute nicht mehr gebräuchlich)

Östrogene

Antiöstrogene
(SERM)

Bisphosphonate
(1mal/Woche oder als Infusion)

Denosumab
(seit Mitte 2010 auf dem Markt)

OSTEOANABOLE SUBSTANZEN

STIMULIEREN DEN KNOCHENAUFBAU

Fluoride
(heute nicht mehr gebräuchlich)

 

Strontium
(nicht mehr gebräuchlich)

Parathormon
(täglich als Spritze subcutan)

Sclerostin-Antagonisten
(kurz vor der Zulassung)

In dieser Aufstellung stellen unter anderem die RANK-Ligand Inhibitoren (Denosumab, Prolia(R)) dar, die über einen anderen Ansatz als die Bisphosphonate die Zahl der funktionstüchtigen Osteoklasten sehr weitgehend vermindern. In den letzten Jahren sind immer wieder Nebenwirkungen durch die Verminderung der Knochenzellaktivitäten insbesondere bei den Bisphosphonaten und beim Denosumab diskutiert worden, die allerdings überweigend bei Indikationen auftreten, die eine sehr viel höhere Dosierung dieser Medikamente erforderlich machen. Dazu eine Stellungnahme des Dachverbandes der Deutschsprachigen Osteologischen Dachverbände (DVO) und eine S3-Leitlinie der Zahnärztlich Wissenschaftlichen Gesellschaften (AWMF).

Die letzte Entwicklung besteht in den Sclerostin-Antagonisten („Romosozumab“), mit sich denen insbesondere im Vergleich zu den in Tablettenform dargereichten Bisphosponaten deutliche Verminderungen der Knochenbruchzahlen bei Hochrisiko-Patient(inn)en erzielen lassen. Die Zulassung wurde noch verzögert durch das Auftreten von Komplikationen in den Zulassungsstudien aus dem Herz- und Gefäßbereich. Es kann jedoch innerhalb der ersten Hälfte des Jahres 2019 mit einer Zulassung in Deutschland gerechnet werden.

Wir werden diese Entwicklungen sorgfältig beobachten und sicher nicht zu den Ersten gehören, die auf den neuen medikamentösen Zug „aufspringen“. Auch wenn von Herstellerseite schon in den Praxen und Osteoporose-Selbsthilfegruppen emsig Werbung gemacht wird, müssen Medikamente, die so deutlich in den Knochenstoffwechsel eingreifen, nicht bei jedem Patienten eine positive Wirkung entfalten. Osteoporose-Patienten, bei denen der Knochenstoffwechsel schon stark erhöht ist, profitieren unserer Meinung nach weiterhin eher von antiresorptiven , das heißt die Osteoklasten hemmenden Therapieformen.

Der differenzierte Einsatz dieser teilweise hochwirksamen Medikamente erfordert beim Arzt genaue Kenntnisse über deren Wirkungsmechanismus, mögliche Risiken und Nebenwirkungen und das Zusammenspiel mit Nahrungsmitteln und anderen Medikamenten. Darüber hinaus kommt es dem Therapieerfolg zugute, wenn mögichst viele Informationen über die momentane Aktivität der aufbauenden Zellen (sog. Osteoblasten) und deren Gegenspieler (Osteoklasten) vorhanden sind.