Schilddrüsenfunktionsstörungen durch Amiodarone

In der letzten Zeit werden wir als Endokrinologen zunehmend mit Problemen konfrontiert, die sich aus der Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch das Medikament Amiodarone (Amiodaron) ergeben. Diese Substanz enthält ca 6000 µg Jodid pro 200 mg (1 Tablette) und ist eines der wenigen Medikamente auf dem Markt, das in diesen Größenordnungen Jod zur Verfügung stellt. Zur Erinnerung: die Schilddrüse benötigt normalerweise ca 150 µg Jodid pro Tag zur Herstellung der Schilddrüsenhormone.

Es kann unter einer Behandlung zu sehr dramatischen Schilddrüsenüberfunktionen kommen (ca 10 – 15 % der Patienten werden unter der Behandlung hyperthyreot). Diese Störungen sind oft sehr schwer medikamentös zu behandeln und erfordern häufig ein rasches operatives Vorgehen. Auch Unterfunktionen der Schilddrüse treten unter bestimmten Bedingungen auf, sind im Verlauf jedoch im Allgemeinen nicht so dramatisch (müssen aber erkannt und behandelt werden…). Da die Abauprodukte des Medikamentes im Fettgewebe gespeichert werden, dauert die Belastung durch die hohen Jodmengen teilweise monate- oder jahrelang.

Prinzipiell ist ein Patient, der eine Amiodaron-Therapie erhält, gleichzeitig ein Schilddrüsenpatient! Aus diesem Grund ist vor einer Behandlung mit Amiodaron eine kompetente und vollständige Diagnostik der Schilddrüse zwingend erforderlich:

  • Bestimmung von TSH, ggf. auch des freien T4 und freien T3

  • Sonographie der Schilddrüse

  • bei Knotenbildung oder im unteren Normbereich gelegenem TSH zusätzlich eine Szintigraphie

  • bei entsprechender Echostruktur der Schilddrüse Bestimmung der Schilddrüsenantikörper

Auffällige Befunde müssen vor Beginn der Amiodarongabe geklärt werden, hier ist der Endokrinologe, der schilddrüsenerfahrene Nuklearmediziner oder Internist gefragt. Es kann sein, dass eine Schilddrüse vor Beginn einer Therapie definitiv saniert werden muss. Ist es erst einmal zur Entwicklung einer Überfunktion der Schilddrüse unter Amiodaron gekommen, muss auf jeden Fall ein mit dieser endokrinologischen Fragestellung vertrauter Spezialist hinzu gezogen werden.

Als Alternative bot sich Ende 2009 das strukturverwandte Medikament Dronedaron (Handelsname Multaq®) an. Hier fehlen die Jodidkomponenten, in der ATHENA-Studie (2005 – 2008) konnte eine Wirksamkeit gegen Herzrhythmusstörungen nachgewiesen werden. Längere praktische Erfahrungen mit dieser neuen Substanz ergaben, das ob sich das Medikament wegen einer insgesamt nicht so starken Wirkung nicht am Markt durchsetzen kann.