Leitlinien als Goldstandard des Umgangs mit Osteoporosepatienten?

Nach jahrelanger Diskussion über die Frage, wie denn nun eine Osteoporose zu behandeln sei, entstand um die Jahrtausendwende der Dachverband der deutschsprachigen wissenschaftlichen osteologischen Gesellschaften (DVO). Die Ziele waren und sind unter anderem (Zitat der Webseite des DVO):

  • die Erforschung des Kalzium- und Knochenstoffwechsels sowie der Knochen- und Gelenkerkrankungen

  • die Optimierung der Prävention, der Diagnostik und der Therapie osteologischer Erkrankungen in den deutschsprachigen Ländern auf dem Boden einer wissenschaftsbasierten Medizin

  • die Fort- und Weiterbildung sowie die umfassende Qualitätssicherung in der Osteologie

Der DVO-Vorstand bzw. der wissenschaftliche Beirat hat sich seit 2005 die Mühe gemacht, die derzeit relevante Literatur zur Osteoporose zu sichten und danach Leitlinien zur Diagnostik und Therapie heraus zu geben. Wer sich in dieser Weise einmal mit Wissenschaft und Forschung beschäftigt hat, kann beurteilen, welche Mühe hinter solch einem Vorhaben steckt. Es ergaben sich bereits 2006 Leitlinien in einer ausführlichen Langfassung, einer übersichtlicheren Kurzfassung und einer stichwortartig angelegten „Kitteltaschenversion“. Die jetzt erschienene Version von 2014 ist ebenfalls als Lang- und Kurzfassung erhältlich. Die Leitlinien 2009 wurden zusätzlich als Patientenversion 2009 erarbeitet.
Zur Fassung von 2006, die unseres Erachtens gerade im Bereich der Therapieindikation der Osteoporose einige Fallstricke bietet, haben wir damals einen Kommentar veröffentlicht.

Außerdem wurde ein strukturiertes Ausbildungsprogramm erstellt, welches in Verbindung mit umfangreichen Vorerfahrungen im Bereich der osteologischen Diagnostik und Therapie zu einer durch die Landesärztekammern anerkannten Zusatzbezeichnung („Osteologe DVO“) führt. Diese Zusatzqualifikation wurde von den Ärzten der Praxis für Endokrinologie 2005 erworben und wird durch eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung zum Teil auch in von uns selbst als Vortragende organisierten Veranstaltungen aufrecht erhalten („rezertifiziert“).

Trotzdem ist es für uns wichtig, dass wir dadurch nicht nur als Umsetzer oder Erfüllungsgehilfen für die Leitlinien des DVO dienen, sondern uns nach wie vor bei jedem Patienten individuell Gedanken über das Risiko von Frakturen und selbstverständlich auch das Risiko therapeutischer Maßnahmen machen. Leitlinien beherzigen nie die Umstände einzelner Patienten, sondern können sich stets nur um statistisch nachweisbare Vorteile von Diagnostik und/oder Therapie kümmern. Wir hingegen haben es nicht mit Statistiken, sondern mit dem erkrankten Menschen zu tun.