Lifestyle und Anti-Aging

Stellungnahme der Praxis für Endokrinologie zum „Anti-Aging“:

Eine Medizin, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, das Altern zu vermeiden, ist nach unserer Überzeugung zum Scheitern verurteilt !

Die Medizin kann aber wesentlich dazu beitragen, ein Altern in Gesundheit, hoher Lebensqualität und Würde zu ermöglichen. Dazu ist eine Einflussnahme auf den Lebensstil (übersetzt „Lifestyle“) erforderlich durch

  • Ernährung

  • Trinkgewohnheiten

  • Genussmittelkonsum (z.B. Nikotin, Alkohol)

  • körperliche Aktivität

  • Training kognitiver Faktoren („Gehirnjogging“)

  • Stressverarbeitung

  • Ersatz von Hormondefiziten

Vortrag von Dr. Mathias Beyer zu diesem Thema als Download (PDF-File, 530 KB) Mehr zu Wechseljahren von Frauen und Männern, Fallvorstellung als Vortrag zum Download (PDF, ca 1,6 MB), Andropause-Seminar zum Download (PDF, ca 190 KB), mehr zur Männergesundheit im Allgemeinen…
Die Aufgabe des Endokrinologen besteht darin, dem Patienten /der Patientin einen Überblick über die derzeitigen Lifestyle-Strategien zu geben und die für ihn /sie vernünftigste Behandlungsform herauszufinden. Defizite des Hormonstoffwechsels sollen erkannt und bei Bedarf ersetzt werden.

Die Lehre von den Hormonen (Endokrinologie) beschäftigt sich mit diesem Zweig der Medizin, da viele Prozesse, die bei der Frau und beim Mann zur Alterung führen, über hormonelle Vorgänge beeinflusst werden:

  • Knochenmasseverlust (Osteoporose)

  • Muskelabbau, Fettgewebsanbau

  • Libidoverminderung, Potenzstörungen

  • Gefäßveränderungen

  • Abbau der Hirnleistung

In den letzten Jahren wird intensiv über den Einfluss einzelner Hormone auf den Alterungsprozess des Menschen diskutiert. Dazu gehören zum Beispiel

  • Testosteron / Östrogene

  • DHEA

  • Vitamin D in Verbindung mit Calcium

  • Wachstumshormon (STH/GH)

  • Melatonin

Östrogene bei der Frau:
Der positive Einfluss der Östrogene bei der Frau auf Haut und Knochen kann als gesichert angesehen werden. Die vorbeugende und therapeutische Wirkung auf Gefäßverkalkungen wird zur Zeit intensiv diskutiert. Nach jahrelanger Einnahme von Östrogenen scheint das Brustkrebsrisiko gering erhöht zu sein (mehr…).

Östrogene beim Mann:
Der Einfluss von Östrogenen beim Mann ist unklar (zum Beispiel wird der Knochenanbau beim Mann über die Östrogene gesteuert). Es gibt bis heute lediglich Einzelfallbeobachtungen zur therapeutischen Wirkung dieser Substanzen, größere standardisierte Studien fehlen. Nach heftigen diesbezüglichen Werbekampagnen einzelner Hersteller ist es um diese Methodik still geworden, nicht zuletzt nach den Ergebnissen der WHI-Studie zum Östrogenersatz bei der Frau mit möglichen Brustkrebsrisiken. Da eine geringe Menge von Östrogenen im Fettgewebe (insbesondere Bauchfett) aus dem Testosteron produziert wird, ist bei jedem Mann in Abhängigkeit vom Fettgewebe auch ein Östrogenspiegel vorhanden. Aus dessen Bestimmung therapeutische Konsequenzen zu ziehen, bedarf allerdings noch weiterer Forschung und vor allem intensiver Kenntnisse der dazu gehörenden Stoffwechselvorgänge.

Testosteron beim Mann:
Das Hormon Testosteron ist beim Mann außer für Libido und Potenz auch für den Aufbau von Knochen, Muskulatur und unter anderem der roten Blutkörperchen zuständig. Ein Testosteronmangel ist nicht wie der Östrogenmangel der Frau ab der Zeit der Wechseljahre vorhersehbar, lässt sich aber durch entsprechende Diagnostik klar nachweisen und stellt oft eine Indikation zur Hormonersatztherapie dar. Man sieht nur bei etwa 20% der Männer die Entwicklung eines Testosteronmangels, es macht aus diesem Grund Sinn, bei entsprechenden Beschwerden auch andere Bereiche zu untersuchen (mehr dazu…).

Seit längerer Zeit gibt es die Möglichkeit, Testosteron auch ohne Spritzentherapie in ausreichender Menge über ein auf die Haut aufzutragendes Gel zuzuführen.

Testosteron bei der Frau:
Ob männliche Hormone bei der Frau ebenfalls Einflüsse zum Beispiel auf die Libido haben, ist unklar. Die Gabe von Östrogenen zum Beispiel in Form von Ovulationshemmern („Pille“) unterdrückt häufig die Produktion der weiblichen Androgene (männliche Hormone). Auch hier fehlen größere Studien.

DHEA:
Das DHEA (Dehydroepiandrosteron) ist eine Substanz, die in den Nebennieren produziert wird und männlichen Hormonen ähnelt. Es gibt mittlerweile eindrucksvolle Untersuchungen vorwiegend bei Frauen mit verminderter Nebennierenproduktion und daraus resultierendem DHEA-Mangel, die sich nach einem Ersatz dieses Hormons deutlich besser fühlten. Bei Menschen ohne nachweisbarem DHEA-Mangel ist eine Indikation zur Einnahme sehr fraglich. Zur Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie zu diesem Thema hier mehr

Wichtig: In vielen aus den USA bezogenen DHEA-Präparaten sind Konzentrationen des Hormons nachgewiesen worden, die keinesfalls mit den Packungsangaben übereinstimmen. Das hängt damit zusammen, dass in den Vereinigten Staaten das DHEA als Nahrungsmittelzusatz nicht den rechtlichen Bestimmungen wie ein Arzneimittel unterliegt.
Wir warnen vor aus dem Ausland oder über das Internet bezogene Substanzen!

Unser Fazit: DHEA ist ein Hormon (und kein Nahrungsergänzungsstoff), das ganz eindeutig nicht ohne eine endokrinologische Diagnostik und Kontrolle eingenommen werden darf !

Vitamin D:
Vitamin D ist eine Substanz, die in erster Linie zur Verbesserung der Calciumaufnahme aus der Nahrung dient. Bei älteren Menschen waren niedrige Vitamin D-Spiegel bekannt, mittlerweile konnte auch bei vielen Jüngeren Menschen ein Mangel nachgewiesen werden. Bei nachgewiesener Osteoporoseoder niedrigen Calcium-Werten im Blut kann die Gabe von Vitamin D wichtig werden, das normalerweise entweder über die Nahrung aufgenommen wird oder in der Haut unter Einfluss des Sonnenlichts entsteht. Menschen, die sich häufig im Freien aufhalten, haben bezüglich des Vitamin D-Gehaltes Vorteile. Trotzdem garantiert eine hohe UV-Exposition keinen ausreichenden Vitamin D-Spiegel.
Ein Vitamin D-Mangel hat wahrscheinlich weitreichendere Folgen als man bisher angenommen hat. Mehr zu dieser Problematik…

Wachstumshormon:
Das Wachstumshormon (STH oder HGH) ist intensiv ins Interesse der Medizin geraten, seitdem man es gentechnologisch einfach herstellen kann. Wachstumshormon wird im Wachstum zum Aufbau von Knochen und Muskulatur benötigt. Bei Erwachsenen wird angenommen, dass zum Beispiel nach Operationen der Hirnanhangsdrüse Mangelzustände bezüglich des Wachstumshormons Beschwerden verursachen (Muskelabbau, Fettgewebszunahme u.a.).

Männer ohne Funktionsstörungen der Hypophyse scheinen bei gleichzeitiger Gabe von Testosteron durch STH einen Muskulaturzuwachs erzeugen zu können, bei Frauen sind derartige Effekte nicht nachzuweisen. Untersuchungen zu einer langfristigen Gabe existieren nicht, insbesondere nicht zur Fragestellung der Begünstigung von bösartig wachsenden Erkrankungen.

Unser Fazit: Wachstumshormon als „Lifestyledroge“ ist medizinisch nicht vertretbar, wahrscheinlich bringt ein regelmäßiges Ausdauertraining erheblich bessere Effekte zu einem unvergleichlich niedrigeren Preis. Auch hier besteht eine ganz eindeutige Indikation zur endokrinologischen Diagnostik und Beratung vor der Verschreibung der Substanz !

Melatonin:
In der Epiphyse des Menschen wird das Melatonin gebildet, welches mit dem Schlaf-/Wachrhythmus des Menschen in Verbindung steht und im Alter vermindert ist. Bislang sind die Wirkungen des Melatonins nicht komplett erforscht, der Einfluss zum Beispiel auf die Produktion des Wachstumshormons gerade im Alter ist nicht klar. Messungen des Melatoninspiegels sind wegen starker Schwankungen und vorwiegend nächtlicher Sekretion in der Patientenversorgung überflüssig. Bislang sind wenig Nebenwirkungen bekannt, die so genannte therapeutische Breite der Substanz scheint groß zu sein. Trotzdem ist die unreflektierte Anwendung dieses Hormons wegen fehlender Langzeitstudien insbesondere zu den Indikationen rund um Tumorerkrankungen und „Anti-Aging“ nicht zu empfehlen.